von Marc Garbely (MSc in Psychology, dipl. Betriebsökonom FH), Studiengangsleiter und Dozent im MAS Digital Education der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und Learning Experience Designer im Departement E-Didaktik der FFHS
Lernapplikationen bieten im Unterschied zu fix terminierten Trainings vor Ort viel Flexibilität für das Lernen. So können asynchrone Online-Kurse orts- und zeitunabhängig oder mithilfe mobiler Endgeräte sogar von unterwegs absolviert werden. Gelernt kann somit dann werden, wenn der Bedarf gegeben ist und die Mitarbeitenden am besten Zeit dafür haben – und nicht einfach dann, wenn der Kurs stattfindet. Wichtig ist natürlich, dass die Mitarbeitenden tatsächlich Zeit fürs Lernen bekommen.
Auch lassen sich Lernsequenzen in digitalen Lernapplikationen individuell bestreiten: Lernende können sowohl das Lerntempo als auch den Lernweg ihren eigenen Präferenzen und Vorbedingungen entsprechend wählen. Während für die eine Person eine Wiederholung gewisser Lerninhalte notwendig sein mag, kann eine andere Person gegebenenfalls bestimmte Lerneinheiten überspringen. Durch das digitale Format lassen sich zudem Daten auswerten, um Rückschlüsse über das Lernen einer Person zu gewinnen und ihr – durch ein System oder eine Person – Empfehlungen und Hilfestellungen für ihr Lernen geben zu können.
Zweifelsohne punkten auch Präsenztrainings – insbesondere in Situationen, in denen die physische oder unmittelbar soziale Anwesenheit tatsächlich entscheidend ist: Die Bedienung einer Maschine wird sinnvollerweise an der Maschine selbst trainiert. Oder ein Verkaufsgespräch übt man am effektivsten im direkten Kontakt mit einer realen Person in einer dem gegebenen Kontext entsprechenden Umgebung.
Letztlich entscheidet sich der Lernerfolg nicht in der Frage von «digital vs. nicht-digital», sondern im jeweils passenden Einsatz wirkungsvoller Lernformen. Nicht selten resultiert daraus eine didaktisch aufeinander abgestimmte Kombination von digitalem Lernen und Präsenzveranstaltungen – also dem sogenannten «Blended Learning». Auf diese Weise werden die Vorteile beider Welten miteinander vereint und gewinnbringend genutzt.
Oftmals wird der Einsatz von digitalem Lernen mit Grossunternehmen in Verbindung gebracht, die aufgrund ihrer Ressourcen sowie der möglichen Skalierbarkeit eigene digitale Lernwelten betreiben können. So können zum Beispiel bestimmte Teile des wiederkehrenden Onboardings neuer Mitarbeitender oder die Sicherheitsschulung für die gesamte Belegschaft flexibel über digitale Lernangebote erfolgen.
Die Flexibilität, welche digitales Lernen bietet, kommt aber auch den Anforderungen von KMUs entgegen: Während ein Bedarf nach Weiterbildung unbestritten sein dürfte, macht es eine geringe Personaldichte oft gerade dort besonders schwierig, Mitarbeitende zu bestimmten Zeiten für Weiterbildungsaktivitäten zu entbinden. Digitales Lernen hilft hier, das Lernen zeitlich und örtlich besser auf den durch die Auftragslage vorgegebenen Arbeitsalltag der Mitarbeitenden abzustimmen. Selbstverständlich sind die Ressourcen in KMUs in der Regel geringer, aber Lösungen sind dennoch in der einen oder anderen Form durchaus möglich. Kleinere Unternehmen, die keine eigenen digitalen Lernangebote aufbauen können oder wollen, profitieren heute beispielsweise von einer wachsenden Anzahl an externen digitalen Weiterbildungsmöglichkeiten – zum Beispiel bei Fachhochschulen.
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