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Vorstellungsgespräch mit Vera, dem Roboter – KI in der Personalrekrutierung

Veröffentlicht am 23.09.2024
Vorstellungsgespräch mit Vera, dem Roboter – KI in der Personalrekrutierung
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) werden von Personalfachpersonen im Rekrutierungsprozess eingesetzt und von Stellensuchenden beim Suchen von geeigneten Stellen bis zum Verfassen von Bewerbungsdossiers verwendet. Den Menschen ersetzen sie aber (noch) nicht.
von Ursina Kipfmüller, dipl. Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin beim Amt für Berufsbildung Graubünden

Vera ist ein Roboter, der in Russland entwickelt wurde. Sie setzt keine Autos zusammen und hilft auch keinen alten Menschen. Vera arbeitet in Personalabteilungen grosser Konzerne. Sie macht Anrufe, verschickt E-Mails und führt Online-Bewerbungsgespräche (im Moment erst auf Russisch und Englisch) rund um die Uhr, und hilft so, aus der Flut von Bewerbungen geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für Bewerbungsgespräche vor Ort zu finden. Immerhin: diese werden von echten Menschen geführt. Auch die Entscheidung, wer eingestellt wird, treffen immer noch Personalfachpersonen.
 
Nutzung der Digitalisierung
Die Digitalisierung wird aber auch von KMUs genutzt, zum Beispiel in Form von Online-Bewerbungsplattformen. Mit Hilfe von KI werden zum Beispiel Stellenprofile erstellt, Soziale Medien gezielt nach Kandidatinnen und Kandidaten durchsucht, Schlüsselwörter in Bewerbungen aufgespürt oder auch ein «CV-Parsing» durchgeführt. Dabei werden Lebensläufe automatisch analysiert und mittels Algorithmen Textelemente in Informationen umgewandelt. Dadurch entstehen vergleichbare Daten. Auch werten Algorithmen Bewerbungsvideos aus. Es werden beispielsweise Mimik, Stimme und die Anzahl Wörter, die eine Kandidatin oder ein Kandidat pro Minute spricht, analysiert.
Das Wissen, wie Unternehmen Digitalisierung und KI nutzen, hilft auch den Stellensuchenden. So wird ein LinkedIn-Profil immer wichtiger, nicht nur, damit man von Headhuntern aufgespürt wird, sondern auch, um sich zu vernetzen. Zudem ist die Stellenplattform auf LinkedIn mittlerweile grösser als jobs.ch. Im Internet finden sich dutzende von Vorlagen für Lebenslauf und Motivationsschreiben. Mit Hilfe von KI kann der Lebenslauf editiert werden, es gibt einen Foto-Generator, um das Bewerbungsfoto zu optimieren und zu guter Letzt: Wer nicht geübt ist im Schreiben von Bewerbungsbriefen, nimmt ChatGPT zu Hilfe.
 
Bei der digitalen Bewerbung gilt es ein paar Stolpersteine zu beachten: Symbole, Grafiken, Abkürzungen, Sonderzeichen usw. sollten nicht verwendet werden, da die KI diese beim «CV-Parsing» nicht erkennen kann. Auf Online-Bewerbungsplattformen sollten nur PDF-Dateien hochgeladen werden, diese sollten in einer bis drei Dateien zusammengefasst werden, von guter Qualität und fehlerfrei sein.
 
Zuerst über-, dann unterschätzt
Amaras Gesetz, benannt nach dem Informatiker Roy Amara, besagt, dass «wir die Auswirkungen einer Technologie in der kurzen Frist überschätzen und ihre Auswirkungen in der langen Frist unterschätzen».
Dies bedeutet, dass Menschen oft dazu neigen, die unmittelbaren Veränderungen und Vorteile, die eine neue Technologie mit sich bringt, überzubewerten, während sie die langfristigen, oft tiefgreifenden Auswirkungen, die diese Technologie auf Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur haben kann, unterschätzen. Auf den Umgang mit digitalen Möglichkeiten im Bewerbungs- und Rekrutierungsprozess könnte dies durchaus zutreffen. Es ist verlockend, die Sichtung hunderter von Bewerbungsdossiers einem Roboter wie Vera zu delegieren, Algorithmen sind aber nur so gut wie die Daten mit denen sie gefüttert werden. Auch können sie keine Missverständnisse klären oder Rückfragen stellen. Gegenwärtig können Menschen immer noch besser andere Menschen beurteilen, doch die KI lernt schnell.
 
Netzwerk immer noch am wichtigsten
Die Randstad-Employer-Brand-Studie 2023 hat festgestellt, dass zwar am meisten über Jobportale nach neuen Stellen gesucht wurde, aber genauso viele neue Jobs durch persönliche Verbindungen und Empfehlungen gefunden wurden, obwohl diese Kontakte weniger zur Suche genutzt wurden. Vera ersetzt Freunde und Nachbarn also (noch) nicht.

Im Berufsinformationszentrum (BIZ) des Amts für Berufsbildung gibt es Literatur zum Thema Online-Bewerbungen zum Ausleihen und auf www.berufsbildung.gr.ch Merkblätter zum Herunterladen.

Bild: 123rf