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Der feine Unterschied in der Formulierung

Veröffentlicht am 13.07.2024
Der feine Unterschied in der Formulierung
Arbeitszeugnisse sind ein unverzichtbarer Bestandteil des beruflichen Werdegangs. Sie sind nicht nur eine Formalität, sondern können der Schlüssel zum nächsten Karriereschritt sein. Doch was macht ein gutes Arbeitszeugnis aus und wie geht man mit negativen Bewertungen um?
von Emilia Sommerau, Redaktorin Commercial Publishing bei Somedia Promotion

In der Schweiz haben Arbeitnehmende das gesetzliche Recht auf ein Arbeitszeugnis. Dieses Recht ist im Obligationenrecht unter Artikel 330a OR geregelt: Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie Leistungen und Verhalten ausspricht. Eine gesetzliche Frist für die Ausstellung eines Zeugnisses gibt es nicht; hier richtet man sich meist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (ausser beim Schlusszeugnis: Dieses ist grundsätzlich am Austrittstag fällig). Es sollte gemessen an den jeweiligen Umständen genügend Zeit für diese Aufgabe eingeräumt werden, wobei in der Praxis eine Frist von 14 Tagen als realistisch angesehen wird.
 
Was ein gutes Zeugnis ausmacht
Ein gutes Arbeitszeugnis ist weit mehr als nur eine Zusammenstellung von Fakten, umfasst aber in der Regel die folgenden Elemente: Angaben zur Person und Anstellungsdauer, detaillierte Auflistung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Beurteilung der Qualität und Quantität der geleisteten Arbeit, Beurteilung des sozialen Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitenden und Kunden sowie eine aussagekräftige Schlussformulierung.
Generell wird ein Arbeitszeugnis von hinten nach vorne gelesen. Deswegen ist der Schlusssatz besonders wichtig, da dieser darüber Auskunft gibt, wie das Arbeitsverhältnis geendet hat. So sagt der Schlusssatz „Frau Muster verlässt uns in gegenseitigem Einverständnis“ aus, dass es zur Kündigung seitens der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers gekommen ist. Wenn aber Dank und grosses Bedauern für den Weggang der Person geäussert werden, hinterlässt die Person ein sehr gutes Bild und eine offensichtliche Lücke im Betrieb.
Das markanteste Merkmal der Arbeitszeugnisse ist aber die sogenannte „wohlwollende“ Sprache: Das bedeutet, dass das Arbeitszeugnis kein Hindernis in der weiteren Stellensuche darstellen darf und auch bei weniger positiven Aspekten der Leistung und des Verhaltens eine wohlwollende und positive Formulierung gewählt wird. Dies erfordert ein gewisses Mass an Interpretationsfähigkeit von Personalverantwortlichen, die diese subtilen Nuancen der Sprache zu lesen verstehen müssen.
Ein besonders interessantes und zugleich kontroverses Thema im Zusammenhang mit Arbeitszeugnissen ist die Verwendung von Codierungen. Diese „Zeugnis-Codes“ sind subtile Formulierungen, die auf den ersten Blick positiv klingen, aber eine versteckte, oft negative Bedeutung haben. So mag die Aussage „Herr Muster hat sich stets bemüht“ positiv wirken, sagt aber aus, dass die Ergebnisse der Leistung von Herrn Muster eher mangelhaft waren. Codierungen widersprechen dem Grundsatz der Klarheit und Wahrheit von Arbeitszeugnissen klar und sind daher verpönt.
 
Schlechte Zeugnisse sind nicht final
Arbeitnehmende, die mit dem Arbeitszeugnis nicht zufrieden sind, sollten als ersten Schritt das Gespräch mit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber suchen. Dabei kann es hilfreich sein, wenn man konkrete Verbesserungsvorschläge anbringt und diese mit Beispielen aus dem Arbeitsalltag unterstreicht. Alternativ oder als zweiten Weg kann die Abänderung des Arbeitszeugnisses schriftlich gefordert werden. In diesem Fall wird eine Frist von ca. 14 Tagen empfohlen. Wenn die bisherigen Bemühungen ohne Erfolg waren, kann man eine Klage einleiten. Zuvor aber muss ein Schlichtungsgesuch eingereicht werden, bei welchem noch einmal versucht wird, Einigung herbeizuführen.

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