Mint-Berufe sind bei jungen Menschen äusserst gefragt – dennoch ist die Frauenquote in diesen Branchen schweizweit sehr tief. Woran liegt das? An Desinformation, Vorurteilen oder doch eher Stereotypen? Dabei gibt es Möglichkeiten, wie junge Frauen für Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu gewinnen wären.
von Melanie Biaggi, Content & Communication Managerin Hochschulkommunikation an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS)
Frauen in Mint-Berufen (alle Berufsbilder, die sich unter den Begriffen Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurswissenschaften und Technik einordnen lassen) sind in der Schweiz in der Minderheit: Ihr Anteil lag 2022 bei zirka 20 Prozent. Gemäss der Konjunkturforschungsstelle (KOF) ist der Frauenanteil in technischen Studiengängen so tief wie in kaum einem anderen OECD-Land. Eine Studie von Rütter Soceco von 2019 zeigt, dass die Frauenquote in den Ingenieurwissenschaften an Schweizer Universitäten bei 27,5 Prozent und an den Fachhochschulen sogar bei 20,1 Prozent liegt. Trotz vieler Förderprogramme hat sich daran in den letzten Jahren kaum etwas geändert: Es besteht unbestritten grosser Handlungsbedarf.
Fleiss und harte Arbeit gegen Intelligenz
Die Ende 2023 veröffentlichte Pisa-Studie hat belegt, dass die Angst vor Mathematik bei Mädchen stärker ausgeprägt ist. Wissenschaftliche Studien (Buser, Peter, Wolter, 2017) zeigen, dass Mädchen, obwohl sie zu Beginn ihrer Schulzeit besser in Mathematik sind als Knaben, später oft das Interesse verlieren und überholt werden. Ein Grund dafür sei unter anderem, dass sie den wettbewerblichen Aspekt in Mathematik nicht gut finden. Wie in einem Interview mit Gabrijela Pejic, Chemielehrerin und Rektorin der Kantonsschule Menzingen, bei «Ftmedien.ch» zu lesen war, haben Mädchen und junge Frauen selbst Vorurteile gegenüber Mint-Berufen. Sie würden die technischen und ingenieurwissenschaftlichen Tätigkeiten als nerdig oder auch frauenfeindlich betrachten und sähen deshalb eher Männer geeignet dafür. Ein weiterer Punkt: Junge Frauen führen ihre Erfolge in den Mint-Fächern auf Fleiss und «harte» Arbeit zurück, nicht auf angeborenes Talent oder Intelligenz.
Verliert eine junge Frau in der obligatorischen Schulzeit aufgrund von schlechten Erfahrungen ihr Interesse an Mint-Fächern, so wird sie auch keine entsprechende Berufswahl treffen. Müssen sich Jugendliche für einen Beruf entscheiden, spielen sowohl bei Frauen als auch Männern oft ihr soziales Umfeld oder andere gesellschaftliche Einflüsse eine grössere Rolle als ihre Neigungen und Begabungen.
Mint für eine funktionierende Gesellschaft
Wie können junge Frauen dennoch für Mint-Fächer begeistert werden? Zum einen ist es wichtig, ihnen aufzuzeigen, wie wichtig die entsprechenden Berufe für eine funktionierende Gesellschaft sind. Die Berufe fördern Innovation, den technologischen Fortschritt, sind entscheidend bei der Digitalisierung, bieten Lösungen etwa im Kampf gegen den Klimawandel oder treiben das Wirtschaftswachstum an. Zum anderen bedarf es für junge Frauen einer Kontextualisierung. Konkret: Es gilt, ihnen die Relevanz und das Potenzial der Mint-Berufe aufzuzeigen. Ganz entscheidend ist es aber auch, den Mädchen und jungen Frauen zu erklären, dass in diesen Berufen nicht nur Nerds oder Mathe-Genies gefragt, sondern dass auch Kommunikation, Austausch und Teamarbeit entscheidend sind – Aspekte, mit denen sie sich eher identifizieren können.
MINT-Angebote der FFHS
Die Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) heisst Frauen mit und ohne MINT-Hintergrund willkommen und bietet in verschiedenen Studiengängen berufsbegleitende Entwicklungsmöglichkeiten. Beispielsweise mit dem Bachelor Wirtschaftsingenieurwesen, der Technik und Betriebsökonomie verbindet.
www.ffhs.ch/bsc-wirtschaftsingenieur
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